Halb-Profi sein? Wieso nicht!

Die Damen des SC Langenthal spielen nach ihrem Aufstieg in der letzten Saison endlich A-Klassig. Mit Sévérine Zaugg (26) vom Captainteam haben wir im Zusammenhang mit dem «Schore-Gflüschter» über den Start in der neuen Liga gesprochen, aber auch über den Frauenfussball als hoffnungsvolles Beispiel und über die karrieretechnischen Ambitionen als Eishockeyspielerin.

Die Damen des SC Langenthal haben nach dem Aufstieg einen ansehnlichen Start hingelegt. Nach 11 Spielen belegen sie den fünften Rang und haben lediglich zwei Punkte Rückstand auf einen der Playoff-Plätze, welche an die Top-Vier vergeben werden. Die Rohrbacherin Sévérine Zaugg, Mitglied des Captainteams und Stürmerin, verrät im Interview für das «Schore-Gflüschter» aber, dass es sogar noch besser gehen könnte. Und danach streben die Damen nun im nächsten Saisonabschnitt.

Sévérine Zaugg, im SCL-Newsletter steht, dass eure Mannschaft erst wieder lernen muss, zu verlieren. Sind sie über den Start in der neuen Liga also – negativ – überrascht?

Sévérine Zaugg: Nein, das denke ich nicht. Wir wussten, dass wir in eine andere Liga kommen und wir wussten, dass wir dort wieder lernen müssen, zwischendurch zu verlieren. Die Technik ist anders, die Schüsse sind anders, das Tempo ist anders – aber klar, in der letzten Saison haben wir gerade mal eine Partie verloren und waren etwas verwöhnt, daher war das auch ein bisschen eine Umstellung.

In anderen Ligen und Sportarten würde sich das ein Aufsteiger ja kaum getrauen, so etwas zu sagen. Es scheint, als würden sie also auch nach elf Spielen in der obersten Liga nur so von Selbstvertrauen strotzen.

Nun, das liegt auch ein bisschen daran, dass wir in diesen Spielen immer wieder Chancen kreiert haben. Nicht selten haben wir verloren, obwohl wir Chancen zu hauf hatten. Wir wehren uns hier nicht nur, sondern wir kreieren auch. Und so sehen wir, dass mehr möglich wäre, wenn wir vor dem Tor kaltblütiger wären. Und da dürfen wir die Geduld einfach nicht verlieren.

Aber sie sind ja nicht einmal abgeschlagen Letzter, sie haben zwei Teams hinter sich. Davon können viele Aufsteiger nur träumen.

Für uns war es auch ein Ziel, über den Strich, also in die Top vier zu kommen (Anmerkung: Der SCL steht auf Rang fünf, es gibt sieben Teams in der Liga). Ich möchte nicht arrogant oder sogar überheblich klingen, aber wir haben hier ein paar wirklich gute Spielerinnen. Nur schon, dass sieben von unserem Team derzeit auf der Aufgebotsliste der Nationalmannschaft stehen, ist ein Zeichen dafür. Wir haben einen guten Spirit und sind ehrgeizig.

Dann darf sich der SC Langenthal als Verein auf Playoffs in der höchsten Liga freuen?

Ich denke die Nationalmannschaftspause tut uns gut. Wir können etwas an unseren Fähigkeiten arbeiten und etwas ruhiger trainieren. Und darum hoffe ich, dass es uns offensiv künftig besser gelingt Tore zu schiessen, also denke ich, dass das realistisch ist, ja.

Neben der Ligenzugehörigkeit haben sie unserer Herren-Mannschaft indes noch etwas anderes voraus. In der zweitneusten Arena der Schweiz (Ambri) durften sie schon spielen und bald soll auch ein Spiel in der neusten Eishockeyarena der Schweiz, der Swiss Life Arena in Zürich, auf dem Programm stehen. War das Spiel gegen Ambri speziell?

Ja, das war es. Wir konnten schon in der letzten Saison dort spielen und waren damals in der Meisterschaft in einer NLA-Herren-Garderobe. Da hatte man eigene Toiletten, einen Pausenraum, eine Uhr, welche die Pausenzeit anzeigte, das gab uns wirklich ein cooles Gefühl. Als wir dann im Finale gegen sie spielten, wurden wir zwar in eine Besenkammer verfrachtet, aber immerhin waren wir in dieser Saison dann wieder in der grossen Garderobe (lacht).

Was in solchem Moment noch fehlt, ist das ausverkaufte Stadion – und wenn wir nach Deutschland oder England in den Frauenfussball blicken, sehen wir, dass ein Trend vorhanden ist, auch Frauen im Stadion stärker zu unterstützen. Sind sie ein bisschen neidisch auf den Trend im Frauenfussball?

Dieser Trend fehlt tatsächlich noch, aber wir merken, dass in den letzten drei bis fünf Jahren das Interesse auch an uns ein wenig gestiegen ist. Einerseits könnte ich darauf verzichten, beispielsweise von Medien stärker beobachtet zu werden. Da wird plötzlich das ganze Leben auseinandergenommen und beleuchtet. Andererseits ist es natürlich ein Traum, einmal vor einer solchen Kulisse zu spielen. Das wäre wirklich ein tolles Erlebnis.

Ich erlaube mir eine freche Frage: Ist es überhaupt möglich, mit Fraueneishockey die Hallen zu füllen?

Nun, die Mädchen beginnen heute wesentlich früher damit, Eishockey zu spielen. Das macht das Niveau wesentlich besser. Auch die Tatsache, dass vereinzelt Spiele unserer Nationalmannschaft im Fernsehen gezeigt werden, vergrössert das Interesse. Aber natürlich ist es zweifellos so, dass Männer- und Fraueneishockey schlichtweg nicht dasselbe ist. Wer ein Spiel erwartet, das dem Männereishockey gleicht, der wird bei uns enttäuscht, das ist einfach so.

Ein offensichtlicher Grund liegt diesbezüglich in den Regeln. Checks sind im Fraueneishockey weiterhin nicht erlaubt.

Das ist korrekt und tatsächlich gibt es Diskussionen, dies zu ändern. Ich bin einzig der Meinung, dass man dies nicht von heute auf morgen tun darf. Für viele Frauen ist das nicht üblich oder gar unbekannt, während es für andere, die mit den Jungs die Juniorenzeit absolviert haben, ein kleiner Schritt wäre. Eben diesen Unterschied sehe ich aber als gefährlich an, hier müsste es eine schrittweise Annäherung geben.

Oder gäbe es andere Möglichkeiten? Weil grundsätzlich scheint es, dass die Frauen im Eishockey einen grossen Aufwand betreiben, dieser aber vom Publikum kaum entsprechend honoriert wird.

Ja, das kann man so sehen. Auch wir trainieren zwei bis drei Mal pro Woche, haben ein bis zwei Mal pro Woche ein Spiel und einzelne Teamkolleginnen nehmen dafür gut und gerne anderthalb Stunden Wegzeit auf sich. Hier kurzfristig eine Lösung zu präsentieren, scheint mir aber schwer. Auf den ersten Blick würde mehr Zeit, beispielsweise für Trainings, sicherlich auch das Niveau verbessern und das Spiel attraktiver machen.

Wären sie denn gerne Eishockeyprofi?

Profi vielleicht nicht gerade. Ich fände Halb-Profi interessant oder würde gerne auf 80 Prozent reduzieren. Letztlich finde ich die Abwechslung toll. Aber das ist leider nicht möglich.

Dann stelle ich eine nächste provokante Frage: In der Hoffnung, die Entwicklung im Fraueneishockey geht weiter und das wird tatsächlich einmal möglich – was kommt zuerst, der Meistertitel der SCL Frauen in der höchsten Liga, oder ihre berufliche Pensumreduktion fürs Eishockey?

Vielleicht braucht es das eine, um das andere zu schaffen? Ich weiss es nicht. Natürlich haben wir mit den ZSC Lions ein sehr starkes Team in dieser Liga und im ersten Spiel gegen sie waren wir wirklich chancenlos. Aber andererseits haben wir ein gutes, junges Team, weshalb das nicht unmöglich ist.

Wenn ich die Antwort richtig deute, ist es nicht unrealistisch, bald einmal Meister zu werden?

Ja, das ist so. Wir haben ein junges Team mit viel Potenzial und wenn wir auch auf dem Eis den richtigen Mix noch finden, dann bin ich guter Dinge. Das wird sicher nicht gleich in der ersten Saison passieren, das erwartet auch niemand. Aber, wenn vieles für uns läuft, in ein paar Jahren, wenn diese Mannschaft noch etwas gereift ist, wieso nicht?

 


Text und Bild: Leroy Ryser

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