- Schoren-Gflüschter
«Wenn jemand etwas auf den Boden wirft, werde ich hässig»
Dario Kummer lebt teil-vegan und voll vegetarisch. Bei der Nahrungsumstellung bemerkte der Stürmer früh Vorteile, weshalb er sich vorstellen kann, vollständig auf vegane Ernährung umzustellen. Die Ernährung ist aber nicht das einzige Thema, welches den Langenthaler in Punkto Nachhaltigkeit bewegt.
Dario Kummer, wir haben 12 Uhr. Wie wärs mit einem Steak?
Das darfst du gerne allein essen (lacht).
Die Frage war mit Absicht gestellt. Sie ernähren sich praktisch vegan, ist das richtig?
Wenn ich einkaufe, dann kaufe ich nur vegan ein. Wenn ich aber bei jemandem zu Besuch bin und der bietet mit ein nicht-veganes Kuchenstück an, dann sage ich auch nicht nein. Es gibt noch vereinzelt Lebensmittel, von denen ich mich nicht gänzlich trennen konnte. Aber ich bin keiner, der explizit auf vegane Küche besteht, wenn er ausserhalb von seinem Zuhause isst.
Auf welche Lebensmittel konnten Sie noch nicht gänzlich verzichten?
Zuerst waren es Eier, mittlerweile geht es aber auch ohne Eier. Meistens ist es einfach ein Stück Kuchen, das mir angeboten wird, oder ein Dessert. Da will ich dann doch nicht verzichten.
Aber das Steak gehört in diesem Fall nicht dazu?
Nein, tatsächlich nicht (lacht). Fleisch esse ich, seit etwas mehr als einem Jahr, nicht mehr.
Warum haben Sie Ihre Ernährung umgestellt?
Wahrscheinlich liegt es auch an meinem WG-Kollegen. Wir haben immer mal wieder darüber gesprochen und über Ernährung diskutiert. Und irgendwann kommt man auch als Eishockeyspieler in ein Alter, an dem man sich um solche Sachen wie Ernährung kümmert. Ich beachte immer mal wieder Luca Wyss. Er ist in dem Alter, in dem ich mich auch nicht dafür interessiert habe. Heute denkt er wahrscheinlich, wenn wir darüber sprechen, «die spinnen doch». So habe ich damals auch noch gedacht.
Aber ausgerechnet als Spitzensportler! Ist das nicht ungünstig, sich vegan zu ernähren? Fehlt Ihnen da nicht die Energie?
Ganz im Gegenteil! Mir geht es besser, seit ich mich grösstenteils vegan ernähre. Erst als ich damit angefangen habe, habe ich bemerkt, dass ich auf Milch- oder Rahmgerichte teilweise heftig reagiere. Ich hatte oft nach gewissen Gerichten Bauchschmerzen oder fühlte mich nach dem Essen träge. Seit ich meine Ernährung umgestellt habe, geht beides wesentlich besser. Ich habe mehr Energie den Tag hindurch.
Und zugleich ist es wesentlich aufwändiger, sich auf diese Weise zu ernähren. Beispielsweise auch im Kreis der Mannschaft, oder?
Ich persönlich koche gerne und probiere gerne Sachen aus. Ich habe zwei vegane Kochbücher und sehe dann das Resultat und das gefällt mir. Ausserdem kann ich so ab und zu meine Mutter bekochen und auch ihr etwas beibringen. Das macht mir Spass. Und wie gesagt, wenn ich auswärts esse, also auch nach einem Match, bestehe ich nicht explizit auf vegane Ernährung. Oder noch nicht (schmunzelt).
Noch nicht?
Ich könnte mir vorstellen, dass ich das irgendwann vollständig umstellen werde und nur noch vegan esse. Aktuell lese ich ausserdem ein Buch, das den Zusammenhang zwischen unseren Essgewohnheiten und Krankheiten thematisiert. Vielleicht bin ich, wenn ich damit durch bin, komplett vegan
Also haben Sie nach dem Spiel keine «Extrawurst»?
Doch, eine kleine schon. Ich bestelle explizit ein Gericht ohne Fleisch.
Und damit sind Sie alleine, oder gibt es doch noch ein paar weitere Vegetarier?
Letzte Saison, als Vincenzo Küng noch bei uns spielte, bestellten wir beide vegetarisch. Zu Beginn mussten wir dann jeweils aufpassen, dass niemand unser Essen wegisst, plötzlich waren diese beiden Gerichte ab und zu vergriffen. Je länger die Saison dauerte, desto mehr ernährten sich vegetarisch. Ich glaube, dass auch bei uns die Spieler bewusster und etwas weniger Fleisch essen.
So wie ich Sie einschätze, machen Sie sich auch allgemein Gedanken in Punkto Nachhaltigkeit, richtig?
Ja, wenn wir beim Essen bleiben: Massentierproduktion finde ich etwas schlimmes. Es gibt genügend Alternativen, weshalb das heute nicht mehr nötig wäre. Ein Tier, alleine fürs Essen zu «produzieren» finde ich als Tierfreund ganz schlimm. Aber: Ich verurteile niemanden, der Fleisch ist. Klar führe ich solche Gespräche gerne und versuche Menschen, von meinem Standpunkt zu überzeugen. Aber wenn jemand Fleisch essen möchte, ist das für mich in Ordnung.
Interessant ist auch, dass Sie mit Kollegen eine Kleidermarke namens «Team Winter» führen. Gerade bei Kleidern können wir ebenfalls über die Nachhaltigkeit sprechen.
Das ist richtig, Kleider sind eigentlich überhaupt nicht nachhaltig. Bei Team Winter versuchen wir, möglichst nachhaltig zu agieren, das ist für uns ein wichtiges Thema.
Wie ist das Projekt «Team Winter» entstanden?
Eigentlich haben mein Bruder Marco, Michael Trüssel (Anm. d. Red.: spielte ebenfalls beim SC Langenthal) und ich ein paar Kappen für unsere Liebsten und Familienmitglieder hergestellt. Daraufhin kam die Frage auf, woher diese kamen, wer die Menschen hinter der Marke sind. Es schien, als wäre dies beliebt, also haben wir weitere Produkte bestellt.
Der Kundenkreis weitete sich auf die SCL-Fans aus.
Ja, beispielsweise. Wir haben mittlerweile gegen tausend Artikel verkauft. Unser Sortiment besteht aus drei Pullovern, fünf T-Shirts in teilweise unterschiedlichen Farben, Kappen und Caps. Zwischenzeitlich war es für uns ein Ferienbatzen, mittlerweile ist doch ein ganz kleines Unternehmen entstanden.
Und auch das Team ist gewachsen.
Richtig. Irgendwann haben wir uns unter Kollegen unterhalten, was wir neben unseren Berufen machen und aufbauen könnten. Nachdem das Projekt eine gewisse Zeit geruht hatte, nahmen wir den Faden wieder gemeinsam auf. Mittlerweile ist auch Vincenzo Küng und unser Kollege Michael Schütz mit dabei.
Wie müssen wir uns die Produktion vorstellen? Ich gehe nicht davon aus, dass Ihr die Produkte selbst näht.
Nein, wir haben bis jetzt mit einem Unternehmen aus Berlin zusammengearbeitet. Die haben einen Grundstock an Kleidern, welche wir beispielsweise bedrucken und mit unserem Markenlogo versehen lassen. Jedes Produkt hat dann irgendwo noch eine Botschaft, die wir vermitteln wollen. Auf dem T-Shirt steht beispielsweise «Gniess jede Momänt».
Berlin – das ginge noch nachhaltiger.
Richtig – und daran arbeiten wir. Wir haben mittlerweile einen Drucker in Bern gefunden, das würde für uns vieles vereinfachen. Die Kommunikation mit der Berliner Firma war hin und wieder schwierig, viel lief digital oder musste grössere Wege überwinden, das machte es für uns nicht immer einfach. Die Zusammenarbeit mit einem Berner Unternehmen stellen wir uns einfacher und auch nachhaltiger vor.
Aber grundsätzlich ist der Betrieb dieses Unternehmens noch ein Hobby, richtig?
Ja, das ist korrekt. Es macht Spass, mit den Jungs etwas zu entwickeln und ein Resultat zu sehen. Ausserdem ist es interessant, weil wir hier alleine für uns arbeiten. Wenn wir nichts tun, dann passiert auch nichts.
Und zugleich könnte dieses Unternehmen für Sie eine berufliche Perspektive nach Ihrer Karriere sein.
Durchaus. Wir streben kein schnelles Wachstum an, aber ein nachhaltiges, stetiges und leichtes Wachstum wäre toll. Wir haben viele Projekte in phetto, welche wir gerne umsetzen möchten, aber das kommt alles zu seiner Zeit.
Kleider, Ernährung – ich denke, dass es da noch weitere Punkte gibt, die Sie im Zusammenhang mit der Gesundheit der Erde beschäftigt?
Ganz ehrlich: Wenn jemand etwas auf den Boden wirft, werde ich hässig. Zu solchen Menschen würde ich am liebsten hingehen und sie fragen, was ihr Problem ist. Natürlich mache ich das nicht, aber ich habe kein Verständnis für solche Aktionen.
Sie sollten sich nach Ihrer Karriere als Umweltschützer einsetzen.
Grundsätzlich finde ich, dass wir alle einen Beitrag leisten sollten, dann ginge es der Erde schon viel besser. Wie gesagt: Ich verurteile niemanden, der Fleisch isst. Aber auch kleine Sachen können in der Summe, viel bewegen. Wenn wir alle etwas bewusster leben, fände ich das toll. Und auch deshalb finde ich es schön, dass beispielsweise das Migros immer mehr anbietet, um sich vegan zu ernähren. Es ist ein gewisser Boom in diesem Nachhaltigkeitsthema vorhanden und das finde ich schön.
Text und Bild: Leroy Ryser